µC Obsoleszenz
#Einleitung
Die Geplante Obsoleszenz ist schon länger ein, mich gedanklich begleitendes, Phänomen. Damals wurde ich durch eine Doku darauf aufmerksam, als es um die damalige Begrenzung der Haltbarkeit von Glühbirnen ging, um den Umsatz (und Gewinn) der Hersteller zu begünstigen.
Nachdem meine Kenntnisse über Mikrocontroller immer weiter vorangeschritten sind wurde mir bewusst, wie einfach es heutzutage ist, eine solche geplante Obsoleszenz herbeizuführen.
Es folgt die Beschreibung, in welcher ein Szenario vorgestellt wird, wie in unserer heutigen digitalen Zeit eine solche Obsoleszenz aussehen könnte.
#Beschreibung
Nehmen wir einen Smartphonehersteller, der in seinem normalen Programmcode eine kleine Zusatzfunktion hat.
Hier ein Beispiel, wie diese Funktion aussehen könnte:
(zur Info: die Namen der Variablen sind frei erfunden, sollen aber nur dem Hersteller bekannte Steuervariablen sein, die von 0-100 eingestellt werden können. Damit ist Symbolisch ihre Funktionsfähigkeit in % gemeint... sprich: display 50 heißt halbe Displayhelligkeit)
btncnt++; //Zählt, wie oft die Taste gedrückt wurde
if (btncnt<1000) { return; } //Taste wurde weniger als 1000x gedrückt -> nix machen
int zufall = rand() % 10; //erstellt die Variable "zufall" mit dem Zufallswert 0-9
switch (zufall) { //entscheidet je nach höhe von "zufall", was passieren soll
case 0: btncnt -= 20; break; //Tastenzähler um 30 zurückstellen (fehler später erzeugen)
case 1: btncnt -= 50; break; //um 50 zurückstellen (fehler noch später erzeugen)
case 2: audioControl.outputPower -= 10; btncnt -= 10; break; //Lautstärke am Kopfhörer -10%
case 3: audioControl.inputPower -= 10; btncnt -= 10; break; //Lautstärke am Mikrofon -10%
case 4: sdCardControl.enabled = false; btncnt -= 10; break; //SD-Karte wird nicht mehr erkannt
case 5: wlan.resetSettings = true; break; //WLAN Einstellungen löschen
case 6: clock.minute++; break; //Uhr geht +1 Min vor
case 7: display.backlight -= 10; btncnt -= 10; break; //Displayhelligkeit um 10% verringern
case 8: main.restart(); break; //Gerät neu Booten
default: return; //nix machen umd beim nächsten mal den fehler erzeugen
}
battery.maxLoadPower--; //Akkuladen früher abbrechen -> Nach Ladevorgang hält der Akku kurzer
battery.offset++; //Akkustand höher anzeigen, damit nach Ladevorgang 100% da steht
Bei dem Beispielsmartphone wird der Code von oben bei der Powertaste integriert. Wenn man nun zum 1000sten mal auf die Powertaste drückt (egal ob zum ein, aus, oder umschalten...) dann wird die Funktion aufgerufen.
Jetzt entscheidet der Zufallsgenerator, ob und welcher Fehler verursacht wird. Es gibt kleinere Ärgernisse wie das verstellen der Uhr und den Verlust der WLAN Einstellungen, aber auch schwerere wie das abschalten der SD-Karte. Außerdem eine künstliche Degeneration der Batterie und möglicherweise auch von Displayhelligkeit und Lautstärke.
Durch den Zufallsgenerator entstehen von Gerät zu Gerät unterschiedliche Fehler, was das erkennen einer Struktur erheblich erschwert (oder gar unmöglich macht). Der eine meint, man würde ihn so schwer verstehen, ein anderer sagt, seine SD Karte wird nicht mehr erkannt und ständig sind seine WLAN Einstellungen weg. Außerdem kommt ihm das Display dunkler vor. Wieder ein anderer musste spontane Systemneustarts erdulden und bei seiner Schwester ist der Akku immer sehr schnell leer...usw.
Die 1000 Tastendrücke sind nur ein einfaches Beispiel. Sinnvoller ist es, über die Systemuhr zu merken wann das Gerät zum ersten Mal (außerhalb der Werkstatt des Herstellers) in Betrieb genommen wurde um von da zielsicher die 2 Jahre EU-Herstellergarantie abzuwarten. (Ausstellungsgeräte werden meist günstiger und ohne Garantie verkauft... da könnte es auch gern mal eher einsetzten)
Sollte jemand sein Smartphone registrieren lassen um an die kostenlosen "Updates" ran zu kommen, kann man im System (Geräte-ID) prüfen, ob eine Garantieverlängerung gebucht wurde.
Wenn ja, kann man mit dem nächsten Update die Zähler im Hintergrund entsprechend anpassen, damit die eben erst nach 3 oder 5 Jahren Fehler machen.
Solche Smartphones würden im Idealfall innerhalb der Garantie ohne Fehler funktionieren. Der Hersteller muss keinerlei Reparaturkosten aufbringen und der Kunde ist endsprechend zufrieden. Abgelaufene Garantien lassen Fehler entstehen, die entweder das Gerät unbrauchbar machen, oder besser...
es Degenerieren lassen.
Ist ein Gerät von heut auf morgen nutzlos, ist das sehr ärgerlich und möglicherweise mit Problemen verbunden. So muss man, wenn man drauf angewiesen ist, sich schnell um Ersatz bemühen und ist auf das aktuelle Angebot beschränkt.
Aber wenn das Gerät lange ohne Fehler funktionierte und jetzt nach und nach mehr Fehler auftreten, ist man eher bereit, sich das Nachfolgemodell des Herstellers anzusehen... und wenn nicht heute oder morgen, dann vielleicht nächste Woche. Es kann ja mehr und vielleicht hat der Hersteller auch aus den "Fehlern" seiner Vorprodukte gelernt...
Ich denke, man lässt sich eher auf ein neues Gerät ein, wenn das alte nach und nach "seinen Geist aufgibt".
Besonders Degenerationen wie Lautsprecher bieten sich hier an, wo ohnehin die Wahrnehmung von laut und leise sehr unterschiedlich sein können.
Und selbst wenn ein Forum voller Nutzer mit Fehlerbeschreibungen ist, ist es unwahrscheinlich, dass sich die Fehlerbilder so sehr ähneln, dass man eine geplante Struktur vermutet. Sie würden es wahrscheinlich nur als "bei manchen ist das so und so... muss aber nicht sein, dass es bei dir auch so ist" beschreiben.
Wenn man sich mit seinem "defekten" Gerät an den Hersteller wendet, braucht dieser nur den Zähler neu einstellen, das Gerät zu säubern und es wieder zurück zu senden... nicht nach Tagen, sondern eher nach Wochen. Würde man es nach 1-3 Tag zurück bekommen, sagt man sich als Kunde: "so schwer kann’s ja nicht gewesen sein..." aber wenn es nach 2 Wochen wiederkommt und angeblich ein "defektes Mainboard" getauscht wurde (welches natürlich mit Bearbeitungszeit in Rechnung gestellt wird), dann wird’s wohl vernünftig bearbeitet worden sein.
Auslesen kann man den Mikrocontroller nur, wenn er nicht gegen auslesen gesperrt ist. Und selbst wenn er nicht gesperrt ist und man ihn auslesen kann... dann hat man nur ein Binärfile, mit dem man einen anderen Mikrocontroller zur gleichen Funktion verhelfen kann. An den Code kommt man so nicht... man kann es mit einem Decompiler versuchen, aber das ist eine schwierige Sache...
Das einzige, was sowas wirklich auffliegen lassen könnte, wäre der eine oder andere Firmenmitarbeiter, dem die Unternehmensphilosophie nicht zusagt.
Man kann natürlich auch Hard- und Software kombinieren...
Beispielsweise wird ein Bedienfeld mit vielen Tasten nur am Rand mit Schrauben befestigt, sodass ein stärkeres drücken der Tasten die Platine verbiegt. Wenn jetzt noch die Software den Tastendruck erst bei mehrmaligen drücken erkennt, oder erst nach einer gewissen Drückzeit... dann entsteht der Eindruck einer nicht mehr richtig kontakt gebenden Taste.
Wenn nun der Benutzer mit der Zeit erkennt, dass er eben "etwas stärker drücken" muss und es dann eines Tages mal spür- und hörbar "KNACK" macht, dann wird er die Schuld für das defekte Gerät eher bei sich, als beim Hersteller suchen.
#Links
- http://www.murks-nein-danke.de/ (Initiative gegen geplante Obsoleszenz)
- http://de.wikipedia.org/wiki/Geplante_Obsoleszenz
- http://www.teamhack.de/index.php?site=anleitungen (Reparaturanleitungen und Support für Hausgeräte)
- http://forum.electronicwerkstatt.de/phpBB/ (Forum u.a. für Elektro-Reparaturen)
#Eigene Erfahrungen
Erlebt hab ich schon so einiges... wo ich an einen gewollten Verschleiß gedacht habe. Was ich für erwähnenswert halte (und woran ich mich erinnern kann) schreibe ich hier rein.
Farblaserdrucker (Konica Minolta magicolor 1690MF)...Anschaffung
Den haben meine Frau und ich zusammen angeschafft, weil Laserdrucker angeblich nur teuer in der Anschaffung waren, dafür aber die laufenden Kosten geringer sein. Außerdem kann da nix eintrocknen, wenn mal wieder länger nicht gedruckt wird.
Inzwischen weiß ich, dass das gerade bei diesem Gerät nicht stimmt (knapp 90 Euro pro Tonerkartusche).
Zählerchips
Diese kleinen Teile, sitzen auf jeder Tonertrommel und auf einem Teil, das sich Imaging-Einheit nennt.
Diese Chips entscheiden, welche Ressource wie weit aufgebraucht ist.
Der Drucker stellt bei gewissen Grenzwerten seine Arbeit ein.
Die Imaging-Einheit
Wenn eine Seite gedruckt werden soll, wird für jeden Farbkanal (was man bei dem Gerät gut hören kann) auf die Imaging-Einheit gedruckt. Dieses Teil enthält einen Kanister für Tonermüll, eine längere Folie, um das Druckbild aufzunehmen und ein paar Walzen. Außerdem befinden sich dort eine Gummilamelle, die Toner von der Folie in den Kanister abstreift... um (so vermute ich) mit alten Resten nicht den nächsten Ausdruck zu versauen.
Nun stellte sich aber heraus, dass beim Drucken erst das komplette Druckbild auf die Einheit transferiert wird und dann erst ein Blatt Papier eingezogen wird, um von der Einheit auf das Papier zu übertragen. Wenn der Drucker aber kein Papier hatte (oder es nicht richtig eingezogen wurde), dann landete das komplette Druckbild im Kanister.
Das hat 2 Konsequenzen...Es wird einerseits der Toner für die Seite komplett neu gebraucht und andererseits verschleißt die I-Einheit stärker. Wenn der Kanister nämlich voll ist, muss die Einheit getauscht werden, andernfalls wird nicht Gedruckt.
Ich hab sie ausgebaut, geleert und wieder eingebaut -> "Imaging-Einheit ist verbraucht und muss ersetzt werden"... da half kein Neustart, kein ein- und ausschalten, kein mehrfach rein und raus nehmen und kein ohne Chip reinpacken.
Wer Druckt ohne Papier unten drin zu haben (oder wo das Papier nicht richtig eingezogen wurde) der hat doppelten Verbrauch.
Abschließend muss ich sagen, dass der Support nett und hilfreich war, auch wenn das viele Telefoniere und das Ticketsystem die Nerven durchaus etwas strapazieren können.
Fenster...Nachdem der Festergriff beim Schließen abgebrochen ist und der Hausmeister einen Monteur vorbeigeschick hat, stellte sich heraus, dass der Hersteller dieses Fensters es scheinbar darauf angelegt hat, solche Situationen entstehen zu lassen.
Der Monteur sagte, dass diese Fenstertypen sehr oft ausfallen, weil ein Teil im inneren, das die mechanische Hauptlast trägt, meistens aus Plastik oder leicht brechenden Metallguss ist.
Außerdem ist der Aufbau des Fensters so, dass man ohne das richtige Werkzeug und die entsprechenden Kenntnisse des inneren gar nicht an das Teil ran kommt. Es sind keine Verschraubungen von außen sichtbar. Der Monteur meinte übrigens, dass dieses "standard Ersatzteil" relativ teuer sei.
Diese Fenster sind im Neubau wahrscheinlich in der Beschaffung günstiger, aber die Wartungsverträge und Ersatzteile werden das schon richten...Es wurde hier so konzipiert, dass es einerseits schnell kaputt geht und andererseits nicht so leicht behebbar ist.
Erwärmung von Elektronik...Hitze ist im PC Gehäuse und vor allem bei Notebooks eine störende Sache, zumindest für die Benutzer. Eine zu hohe Erwärmung hat vor allem 2 langfristige Effekte. Zum einen können sich die betroffenen Bauteile irgendwann selbst verabschieden.
Zum andern kann das ständige erwärmen und abkühlen die Struktur der Lötstellen verändern. Die meisten Stoffe dehnen sich bei Erwärmung aus. Bei unterschiedlichen Stoffen und Metallen hat man auch unterschiedliche Ausdehnungen. Dadurch entsteht, gerade bei Erwärmung, ein mechanischer Stress... die Lötstellen werden gestaucht oder gezogen.
Die Schmelztemperatur beim Standardlot liegt bei rund 180°C. Gelötet wird meist mit knapp über 200°C im industriellen löten (u.a. Reflow-Löten,Wellenlöten). Die 60-80°C Bauteiltemperatur mögen zwar von den 180°C weit entfernt sein, aber es reicht um mit der Zeit Veränderungen hervorzurufen.
Besonders gefährdet sind Stellen mit hohen Temperaturdifferenzen. Unterdimensionierte Spannungsregler auf dem Mainboard beispielsweise erzeuge selbst viel Wärme, währen der Bereich um sie kaum oder wenig Eigenerwärmung mitbringt.
Noch schlimmer sind CPU und GPU. Dort brauch sich nur eine Datenleitung lösen und schon funktioniert es entweder gar nicht oder nur teilweise.Dieser Effekt ist etwas schlimmer geworden, da vor einiger Zeit alle auf Bleifreies Lot umgestiegen sind... offiziell der Umwelt zuliebe. Durch das fehlende Blei, benötigt das zum Löten verwendete Lot andere Bestandteile und hat eine höhere Löttemperatur. Damit die Bauteile nicht zu viel Stress bekommen, darf die Temperatur aber nicht zu hoch sein, weshalb es vorkommen kann, dass die Lötverbindung nicht vollständig zustande kommt (kalte Lötstelle). Die Verbindungen können dann zur Endprüfung beim Hersteller und die ersten paar Wochen (oder länger) beim Kunden funktionsfähig sein. Aber der ständige Erwärmungs- und Abkühlungsstress löst dann mit der Zeit die Verbindung. Das ist die Art von Fehler, wo man beim Suchen nach einer Reparaturmöglichkeit viel über "in den Backofen " oder "mit dem Heißluftfön" zu lesen bekommt.
Ich hab schon so einige Mainboards erlebt, wo ein Blick durch die Wärmebildkamera Bauteile über 80°C zeigte... meistens Bauteile, die ich für Spannungsregler halten würde. Mag ja sein, dass die laut Datenblatt 105°C bei max Temp zu stehen haben, es ist aber davon auszugehen, dass das die Lebenszeit insgesamt verkürzen wird (mal abgesehen davon, dass so unnötig die Temperatur im Gehäuse steigt). Ich hatte auch mal ein Notebook, das die Luft von oben angesaugt hat, um sie dann (über den Kühler) nach unten raus zu blasen.
Als Konsequenz, war das Notebook immer sehr warm, außer es lag auf der Bettdecke, dann schaltete es sich recht bald wegen Übertemperatur ab. Eine Thermo-Abschaltung riskierte man auch, wenn das Notebook mit geschlossenem Deckel eingeschaltet war, da das Display auf dem Lüftereingang nicht viel Luftstrom zuließ.
Zuletzt geändert am: Nov 08 2013 um 8:04 PM